Mein Buch.

Also Buch kann man es nicht nennen, denn es ist vielleicht gerade mal ein Kapitel.
Lest es einfach und sagt mir dann wie ihr es findet.

Die Geschichte eines Mädchens ( Das ist nur der Arbeitstitel)

1.

Neue Schule, neues Glück.
Das waren meine Gedanken, als ich die Eingangshalle dieses altertümlichen Gebäudes betrat.
Mal ehrlich, welche Schule hatte schon eine Eingangshalle? Meine Alte hatte nicht mal eine richtiges Foyer. Aber das hatte wenigstens zu mir gepasst, dort gehörte ich hin. Nicht in eine Privatschule mit lauter reichen Leuten die nie für irgendetwas arbeiten mussten. Es war halb acht und normalerweise schlief ich um diese Uhrzeit noch tief und fest. Doch hier musste ich pünktlich sein. Meine Mum hatte gesagt, wenn ich noch einmal von der Schule fliegen würde, könnte ich gleich meine Koffer packen. Und das meinte sie todernst. Ich hatte ihr in der letzten Zeit aber auch nicht viel Grund gegeben Stolz auf mich zu sein. Mit meinen sechszehn Jahren hatte ich es geschafft von insgesamt vier Schulen zu fliegen. Das war wirklich keine Glanzleistung.
„Sind Sie Anna Kantes?“, Eine kleine, ziemlich dicke Frau störte meine morgendlichen Gedankengänge. Ich lächelte höflich: „Ja die bin ich“ Die Frau lächelte nicht zurück. „Sie sind zu spät.“ Sie rümpfte die Nase. „Folgen sie mir.“ Sie drehte sich um und stöckelte voraus, schaute aber immer wieder zurück aus Sorge das ich ihr vielleicht abhanden kommen könnte. Was ich tatsächlich erwog nach dem ich mir die Schule genauer angesehen hatte. Hier roch es förmlich nach Regeln und Vorschriften.
Vor einer hohen Eichentür machten wir halt. Die dicke Frau klopfte und trat auf ein unverständliches Murmeln hin ein. „Herr Direktor, die neue Schülerin ist endlich eingetroffen.“
Was heißt hier endlich? Ich war höchstens fünf Minuten zu spät. Aber ich sagte nichts. Stattdessen trat ich ein und war wie vor den Kopf gestoßen. Den Direktor einer solchen Schule hatte ich mir alt und streng vorgestellt. Naja streng war er wahrscheinlich auch, aber höchstens Anfang dreißig.
Ich stellte mich stotternd vor und wurde dann meiner neuen Klasse zugeteilt: 10d. Langsam wurde ich doch nervös. Nicht das ich noch nie in eine neue Klasse gekommen wäre, aber diese Schule war anders als alle anderen davor.
Die kleine Frau, welche sich als 'erste Untersekretärin' vorgestellt hatte, führte mich zu meinem Klassenraum und ließ mich dann allein. Ich sah an mir runter. Auf einmal erschienen mir mein enges Rolling-Stones Fan-Shirt und meine zerrissene Lieblingsjeans doch nicht mehr so angebracht.
Ich klopfte und trat ein. Es wurde still und dreiunddreißig Augenpaare waren plötzlich auf mich gerichtet.
„ Komm doch, du musst Anna sein.“ die Lehrerin wirkte nicht so als würde sie sich oft durchsetzen. „Setz dich bitte auf den freien Platz neben Nate.“ Ein auffällig hübsches, blondes Mädchen in der ersten Reihe schaute mich böse an. Na toll, gleich in der ersten Stunde neben den Freund der Klassenzicke gesetzt zu werden war nicht die beste Art ein Schuljahr zu beginnen. Ich vermutete zumindest das er ihr Freund war. Ich ging nach hinten zu dem Platz der mir zugeteilt worden war. Und lächelte dem Jungen namens Nate flüchtig zu. Er war groß und breitschultrig mit schwarzen Haaren und klaren, blauen Augen. Normalerweise wäre er total mein Typ gewesen, wäre da nicht das spießige Ralph-Lauren T-Shirt und die eindeutig sündhaft teure Uhr die er trug. So was konnte ich wirklich nicht ab. Nicht das ich nicht mindestens so viele Markenklamotten und Designerstücke besitzen würde wie die meisten hier, nur legte ich einfach keinen Wert auf so was. Früher hatte meine Mutter versucht, mich für Mode zu interessieren, das hatte sie auch geschafft, aber leider mit dem Ergebnis, das ich alles daran setzte nicht irgendwann so auszusehen wie sie. Ich hatte meinen eigenen Stil und darauf war ich stolz.
„Anna? Womit hast du denn in Mathe abgeschlossen, auf deiner alten Schule?“ ich hasste aufdringliche Lehrer, noch mehr als ich Mathe hasste. „Mit Trigonometrie..?“, sagte ich unsicher.
„Ah ja, Trigonometrie.“ anscheinend war ihr Interesse danach erschöpft und sie wandte sich wieder anderen Schülern zu. Dieser Nate neben mir schmunzelte und murmelte mir zu: „Bist wohl kein großer Mathe Fan, was?“ Ich würdigte ihn keines Blickes und packte wortlos meine Sachen zusammen, nachdem es geklingelt hatte. Voller Frust stürmte ich aus dem Klassenzimmer und stieß prompt auf dem Gang mit einem Jungen zusammen. „Tut mir echt leid, ich bin neu und ein bisschen im Stress“ , ich sah auf nachdem ich ihm geholfen hatte seine Bücher aufzuheben, die bei dem Zusammenstoß auf den Boden gefallen waren. Seine Augen waren groß und von so einem warmen braun das mir ganz schwummrig wurde. Er hatte fein geschwungene Lippen und eine gerade Nase, seine Haare waren braun und so zerzaust das es fast wie gestellt aus sah. Er grinste mich an: „Sei lieber vorsichtig. Stress kann lebensgefährlich sein... Wie man sieht“ Ich ging neben ihm den Flur entlang. „Du bist also neu hier, warum hast du gewechselt?“ Er sah mich an. „Das ist eine lange, unschöne Geschichte.“ Ich verdrehte die Augen. „Ich bin übrigens Anna.“ „Jake. Freut mich dich kennen zu lernen, Anna.“ Er lächelte verschmitzt. Dann bog er um eine Ecke und ließ mich stehen. Den einzigen vernünftigen Typen weit und breit habe ich also schon nach zwei Minuten vergrault. Ich stieß die Flügeltür vor mir auf und trat auf den sonnenbeschienen Hof. Sommer in New York. Die beste Jahreszeit überhaupt. Mit der Hand fuhr ich mir durch meine langen, dunkelbraunen Haare, die sich nach unten hin wellte, was meine Freundinnen auf der alten Schule immer neidisch gemacht hatte. Ich zog meinen i-pod aus der Tasche, setze mich auf die nächste Bank und zu der Musik von Fall out Boys fing ich an mich zu entspannen.
Der Tag zog sich hin und nachmittags kam ich völlig erschöpft nach Hause. Meine Mum und ich wohnten in einer dieser riesigen Villen am Stadtrand. Hinter dem Haus lag ein Garten mit einem Pool. Mir gehörte das obere Stockwerk samt Dachterrasse. Ich will nicht sagen das so etwas keine Vorteile mit sich bringt, aber ich hasse es auf Äußerlichkeiten beschränkt zu werden. Die Menschen sehen immer nur das was sie sehen wollen und die meisten denken in Schubladen. Früher habe ich nach der Schule immer noch Kaffee getrunken und in Musikläden nach neuen CDs Ausschau gehalten. Das hatte ich an dem Tag nicht geschafft. Meine Mum war nicht zu Hause, so wie meistens. Ich tigerte durchs Haus und wusste nichts mit mir anzufangen.
Ich schlief sehr spät ein und überhörte morgens meinen Wecker. Schnell duschte ich, zog einen Jeans-Mini und ein dunkelrotes Top an und fuhr mit der Bahn zu Schule. Inzwischen hatte es längst zur dritten Stunde geklingelt und platzte völlig außer Atem ich den Physiksaal. „Entschuldigen Sie die Verspätung“, sagte ich schnell und huschte auf meinen Platz. Der Physiklehrer, ein Herr Kaiser, seufzte und trug mich ins Klassenbuch ein. „Dafür das du zu spät bist, siehst du aber echt heiß aus.“ sagte Nate als ich mich setzte. „Nicht so heiß wie du, wenn ich dir gleich eine knalle“, zischte ich. Er grinste vor sich hin und ich merkte immer mehr wie wenig ich ihn ausstehen konnte. Nach Physik hatten wir Französisch, ein Fach wo ich endlich mal glänzen konnte. Seit ich in die Schule gekommen war lernte ich diese Sprache und redete inzwischen fast fließend. Einige Schüler pfiffen anerkennend und die Lehrerin war ganz begeistert. Schon ein bisschen besser gelaunt ging ich in die Pause. „Hey “, ein Mädchen, von dem ich wusste das es auch in meine Klasse ging, lief neben mir her und lächelte mir zu. Sie hatte einen frechen, roten Kurzhaarschnitt und trug ein verdammt cooles, buntes Kleid. Die könnte ich mögen dachte ich sofort. „Ich bin Lily und du sprichst echt gut französisch.“ „Danke“, ich lächelte. „Ich bin Anna“ Zusammen suchten wir uns eine Bank und redeten. Ich erfuhr das Lily auch erst letztes Jahr auf die Schule gekommen war und die Leute hier genauso beschissen fand wie ich. Wir lästerten über die ganzen Bonzen und am Ende sagte sie grinsend: „Du scheinst aber ganz okay zu sein.“ Ich grinste zurück und wir gingen zum Kunstunterricht. Das war eines meiner Lieblingsfächer und ich war gespannt wie es hier so sein würde. Der Kunstsaal war ein hoher Raum mit großen Fenstern an der einen und eindrucksvollen Gemälden an der anderen Längsseite. Statt Tischen gab es hier nur Staffeleien und kleine, aber hohe Abstell-Tischchen für Pinsel und Farbpaletten. Die Lehrerin war eine freundliche, hübsche Frau mittleren Alters. „Hallo Leute. Schön euch alle wiederzusehen. Ich möchte euch gerne jemanden vorstellen. Das ist mein Sohn Jake. Er wird mir in diesem Jahr assistieren.“ Ich verschluckte mich an meinem Kaffee. Das war der Junge den ich angerempelt hatte. Er stellte sich vor und als er in der Runde mein Gesicht entdecke zog sich sein schiefes Lächeln von einem Ohr bis zum anderen.
Die Kunstlehrerin erklärte uns unser erste Projekt, ein Selbstporträt, aber ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Als wir anfangen sollte, musste Lily mich zweimal an stupsen um, bis ich mich aus meiner Starre löste. „Was geht denn bei dir ab?“ Lily zog eine ihrer perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch. „Hast du ein Gespenst gesehen oder was?“ Ich sah sie an: „ den Typ kenne ich, ich hab ihn gestern aus Versehen angerempelt und er hat mit mir geflirtet.“ Lily riss den Mund auf und kriegte dann einen Lachanfall. „Der Sohn der Lehrerin und der ist auch noch total heiß“, kicherte sie.
Ich wandte mich schnaubend ab, sie war keine große Hilfe. „Schön dich wiederzusehen Anna.“,sagte eine tiefe Stimme hinter mir. Ich drehte mich langsam um, warf mein Haar zurück und stemmte die Hände in die Hüfte. „Du hättest mir ruhig mal sagen können das du der Sohn meiner Kunstlehrerin bist.“, ich schaute ihn vorwurfsvoll an. „Das konnte ich ja nicht wissen“, erwiderte Jake frech und spielte mit meinem Haar. „Aber ich würde sagen wir machen einfach das beste daraus.“ Dann ging er weiter die Reihe weiter entlang. An der anderen Seite des Saales angelangt drehte er sich nochmal zu mir um: „Also, was machst du Freitag Abend?“ Mir blieb die Luft weg. Im Raum war es totenstill geworden und alle warteten auf meine Antwort. Ich wollte gerade etwas freches erwidern, da kam mir Lily zuvor: „Sie hat noch nichts vor und sie würde gern mit dir ausgehen.“ Wütend funkelte ich sie an und sie zwinkerte mir zu: „Was denn? Der ist doch echt heiß.“ Jake, am anderen Ende des Raums, lächelte verachmizt und sagte: „Ich hol dich dann um acht Uhr ab, Anna.“ Mit diesen Worten verschwand er, ohne den Blick von mir zu wenden, durch eine Tür im angrenzenden Raum.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Hallo, ich war erst zwei Tage auf dieser Schule und schon hatte ich ein nicht gewolltes Date. Das war mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht passiert.
Am Freitag schwänzten Lily und ich die letzte Stunde und gingen shoppen. Wäre es nach Lily gegangen hätte ich die ganze Viertel leer gekauft, aber mir reichte ein neues Kleid. Es bestand aus dunkelblauer Seide und umspielte perfekt meine Figur. Als ich es anprobiert hatte sagte Lily mit fester Überzeugung: „Oha wenn der Typ dich in dem Kleid sieht, wird er dir restlos verfallen. Und wenn nicht ist er eindeutig schwul“
Am Abend wurde ich dann doch nervös, ich hatte Jack gar nicht gesagt wo ich wohnte. Total zappelig saß ich vor meinem Spiegel und betrachtete mich. Auf einmal wurde ich unsicher und fragte mich ob Smokey Eyes bei einem ersten Date so gut ankommen würden. Aber ich hatte keine Zeit mir weiter Sorgen zu machen, denn es klingelte. Ich schlüpfte in meine High Heels, griff nach meiner Clutch und stürmte zur Haustür, bevor meine peinliche Mutter diese öffnen konnte. Draußen stand Jake, in Jeans und einem schwarzen T-Shirt und sah einfach unverschämt gut aus. Hinter ihm entdecke ich einen alten Mercedes Cabrio. Schnell zog ich die Haustür hinter mir zu, um uns vor den Blicken meiner neugierigen Mutter zu schützen.

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